Ben der Bücherwurm und das Geheimnis des Zeitteiches

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Ben der Bücherwurm und das Geheimnis des Zeitteiches

In einem verwunschenen Wald, tief zwischen uralten Bäumen, lag der geheimnisvolle Zeitteich. Seine Oberfläche schimmerte in allen Farben des Regenbogens und wer genau hinsah, konnte darin verschwommene Bilder aus der Vergangenheit und Zukunft erkennen.

Hier lebte Ben, ein kleiner, neugieriger Bücherwurm. Ben war nicht wie andere Würmer. Er trug eine winzige Brille auf der Nase und verschlang Bücher, statt Blätter. Sein Zuhause war eine gemütliche Höhle in einer knorrigen Eiche am Ufer des Zeitteiches. Die Wände waren mit Bücherregalen bedeckt und überall lagen aufgeschlagene Bücher herum.

Eines Morgens kroch Ben aus seiner Höhle und rieb sich verschlafen die Augen. Da bemerkte er etwas Seltsames: Der Zeitteich war trüb und grau. Die bunten Bilder waren verschwunden!

„Oh nein!“, rief Ben erschrocken. „Was ist nur mit dem Zeitteich passiert?“

Er beschloss, seiner Freundin Eule um Rat zu fragen. Die weise Eule lebte in einem hohlen Baum am anderen Ufer des Teiches.

„Hm“, sagte Eule nachdenklich, als Ben ihr von dem Problem erzählte. „Das klingt nach dem Werk von Zirpa, der Zeckenhexe. Sie wohnt in der dunklen Schlucht und ist dafür bekannt, magische Orte zu verzaubern.“

„Aber warum sollte sie das tun?“, fragte Ben verwirrt.

„Zirpa ist einsam und missverstanden“, erklärte Eule. „Vielleicht hofft sie, durch solche Streiche Aufmerksamkeit zu bekommen.“

Ben überlegte. Er hatte Angst vor der Zeckenhexe, aber er wusste auch, dass er etwas unternehmen musste. Der Zeitteich war für alle Waldbewohner wichtig.

„Ich werde zu Zirpa gehen und mit ihr reden“, entschied er mutig.

Eule nickte anerkennend. „Das ist sehr tapfer von dir, Ben. Nimm diesen magischen Lesestein mit. Er wird dir helfen, falls du in Schwierigkeiten gerätst.“

Ben bedankte sich und machte sich auf den Weg zur dunklen Schlucht. Je näher er kam, desto mulmiger wurde ihm. Zwischen schroffen Felsen entdeckte er schließlich eine kleine Hütte. Zögernd klopfte er an.

Die Tür öffnete sich knarrend und eine Zecke, so groß wie Ben selbst, stand vor ihm. Sie trug ein zerfleddertes Hexengewand und einen schiefen Hut.

„Was willst du hier, kleiner Wurm?“, fragte Zirpa mürrisch.

Ben schluckte. „I-ich bin gekommen, um mit dir über den Zeitteich zu sprechen“, stotterte er.

Zirpas Augen verengten sich. „Ach, darum geht es. Komm rein!“

Bens Herz klopfte wild, als er Zirpas Hütte betrat. Überall standen brodelnde Kessel und in den Regalen türmten sich merkwürdige Zutaten.

„Warum hast du den Zeitteich verzaubert?“, fragte Ben vorsichtig.

Zirpa seufzte. „Weil niemand mich mag! Alle fürchten sich vor mir, dabei will ich doch nur Freunde haben.“

Ben war überrascht. Er hatte nicht erwartet, dass die gefürchtete Zeckenhexe so traurig sein könnte.

„Aber wenn du den Zeitteich verzauberst, werden die anderen dich doch erst recht nicht mögen“, erklärte er sanft.

Zirpa ließ die Schultern hängen. „Du hast wohl Recht. Aber was soll ich sonst tun?“

Ben dachte nach. Dann hatte er eine Idee. „Weißt du was? Ich könnte dir ein paar meiner Lieblingsbücher leihen. Vielleicht findest du darin Inspiration für freundlichere Zaubertränke?“

Zirpas Augen leuchteten auf. „Wirklich? Das würdest du tun?“

Ben nickte lächelnd. „Natürlich! Aber dafür musst du den Zeitteich wieder entzaubern.“

„Abgemacht!“, rief Zirpa begeistert.

Gemeinsam gingen sie zum Zeitteich zurück. Zirpa murmelte einen Zauberspruch und sofort kehrten die bunten Farben und geheimnisvollen Bilder zurück.

Die Waldbewohner waren überglücklich und feierten Ben als Helden. Doch Ben winkte ab. „Zirpa ist diejenige, der ihr danken solltet“, erklärte er. „Sie hat einen Fehler gemacht, aber ihn auch wieder gutgemacht.“

Von da an besuchte Ben Zirpa regelmäßig in ihrer Hütte. Er brachte ihr Bücher mit und bald experimentierte die Zeckenhexe mit harmlosen Zaubertränken, die das Leben im Wald noch magischer machten. Die anderen Tiere merkten, dass Zirpa gar nicht so schlimm war und nach und nach fand sie echte Freunde.

Der Zeitteich glitzerte nun heller als je zuvor. Wenn man genau hinsah, konnte man darin sogar Bilder von Ben und Zirpa sehen, wie sie lachend Bücher lasen oder gemeinsam zauberten.

Und Ben? Der kleine Bücherwurm war sehr stolz auf sich. Er hatte gelernt, dass man mit Mut, Verständnis und ein bisschen Magie selbst den unwahrscheinlichsten Freund finden kann.