Sofie und die Sterne der Freundschaft

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Sofie das Sternenmädchen stand am Rand des Nebelbergs und schaute nach unten. Unter ihr lag ein Meer aus Wolken, die sanft um die Spitze des Berges wirbelten. Manchmal lugten kleine Felsbrocken oder Bäume aus den weißen Wogen hervor, aber sonst konnte Sofie nichts erkennen. Der Nebelberg war ihr Zuhause – ein magischer Ort, an dem die Sterne nachts auf die Erde kommen, um sich auszuruhen und zu leuchten.

„Heute ist es besonders neblig,“ sagte Sofie und hob eine Hand, um die feuchte Luft zu berühren. Doch ihre Stirn legte sich in Falten. Da war ein Problem. Die Sterne, die jetzt schlafen sollten, waren nicht gekommen. Kein einziges Glitzern war zwischen den Wolken zu sehen.

„Was ist nur los?“ murmelte sie besorgt.

„Es liegt an Mimi, der Möwenchefin,“ erklang plötzlich eine quakende Stimme von oben. Sofie blickte auf und sah Mr. Quak, den weisen Frosch, der auf einem Felsen nahe einer Pfütze saß.

Mr. Quak und Sofie kannten sich schon lange. Immer, wenn Sofie ein Problem hatte, schlich sich der Frosch herbei, um wertvolle Ratschläge zu geben – ob sie darum gebeten hatte oder nicht. „Mimi hat die Sternenleiter zerhackt! Jetzt können die Sterne den Berg nicht mehr erklimmen.“

„Die Sternenleiter? Aber warum?“ rief Sofie erschrocken.

Mr. Quak hüpfte wild hin und her und plusterte sich auf. „Oh, Mimi sagt, das blendende Licht der Sterne stört die Möwen. Sie brauchen Dunkelheit, um zu schlafen! Also hat sie beschlossen, die Leiter zu zerstören, damit die Sterne fernbleiben.“

Sofie atmete tief durch. Das mussten sie ändern. Nicht nur die Möwen hatten Bedürfnisse, auch die Sterne mussten sich ausruhen, um weiter leuchten zu können. „Ich muss Mimi davon überzeugen, die Ster­nen nicht zu stören,“ sagte Sofie entschlossen.

„Ha! Gute Idee, aber Mimi ist stur wie ein alter Baumstamm. Du wirst etwas mehr als Worte brauchen,“ antwortete Mr. Quak und krächzte laut, was sehr nach einem Lachen klang.

Sofie schirmte die Wellen aus Wolken über sich mit einer Hand ab und blickte zur Spitze des Berges. Sie wusste, dass das Nest von Mimi und ihrer Möwenbande hoch oben auf einem Felsen lag. „Ich werde zu ihr gehen,“ sagte sie und machte sich sofort auf den Weg den Berg hinauf.

Auf dem Weg vermischten sich die Nebelfetzen immer dichter und der Wind begann zu heulen. „Ohje, dieser Berg ist wirklich ein Biest“, dachte Sofie. Plötzlich hörte sie ein Rascheln neben sich. Als sie genauer hinsah, erkannte sie einen kleinen, zerzausten Hasen, der zitternd in einem Busch saß.

„Hey, was machst du denn hier draußen? Ist alles in Ordnung?“ fragte Sofie und kniete sich hin.

„Mir ist furchtbar kalt hier oben,“ schlotterte der Hase. „Ich habe meinen Bau im Nebel verloren und finde den Weg nicht mehr zurück!“

Sofie spürte Mitgefühl in ihrem Herzen aufsteigen. „Komm, ich nehme dich mit. Ich bin auf dem Weg zur Möwenchefin. Wir finden zusammen den Weg!“

Der Hase strahlte sie dankbar an und hüpfte auf Sofies Schulter. Nun waren sie zu zweit, als sie weiter den nebligen Berg erklommen. Gemeinsam kämpften sie sich durch stürmische Böen und rutschige Felsen hinauf, bis sie endlich vor einem riesigen Felsen standen, auf dem eine stolze Möwe mit funkelnden Augen saß. Es war Mimi.

„Was willst du, Sternenmädchen?“ fragte Mimi und neigte den Kopf auf eine Weise, die fast neugierig wirkte.

Sofie trat mutig vor und erklärte: „Die Sterne kommen nicht auf den Nebelberg, weil du die Sternenleiter zerstört hast! Und das, weil das Licht für dich und deine Möwen zu hell ist. Aber die Sterne brauchen den Nebelberg genauso wie ihr. Sie müssen sich ausruhen, sonst erlöschen sie. Und dann gibt es für alle kein Licht mehr.“

Mimi krächzte laut und erhob sich mit ausgebreiteten Flügeln. „Du verstehst es nicht, Sternenmädchen! Meine Möwen brauchen Schlaf. Ohne Ruhe können sie keine Fische jagen, und dann verhungern wir.“

Sofie spürte, wie der kleine Hase sich dichter an sie drückte. „Ich verstehe dich, Mimi,“ sagte sie sanft. „Aber anstatt die Sternenleiter zu zerstören, könnten wir einen Weg finden, dass ihr beide ausruhen könnt. Vielleicht können wir die Sterne bitten, nachts woanders ein wenig dunkler zu scheinen oder eine Abmachung treffen, wann sie den Nebelberg betreten.“

Mimi überlegte einen Moment und plusterte ihr Gefieder auf. „Hm… Dunkler scheinen? Das könnte vielleicht funktionieren. Hast du eine Garantie, dass die Sterne mitmachen?“

Sofie war unsicher, aber sie hatte Vertrauen in die Sterne. „Lasst uns es versuchen,“ sagte sie. „Wir finden einen Weg, der für alle gerecht ist.“

Mimi musterte Sofie mit einem scharfen Blick und dann… lachte sie. „Du bist vielleicht klein, aber du bist mutig! In Ordnung, Sternenmädchen. Lass uns die Sterne herbeirufen.“

Mit einem kräftigen Flügelschlag entließ Mimi einen lauten Schrei in die Lüfte, der über den Nebelberg hallte. Plötzlich begannen die Wolken sich zu bewegen und zu kräuseln, als ob sie auf den Ruf der Möwenchefin antworteten. Langsam, ganz allmählich, erschienen winzig kleine Punkte, die am nebligen Horizont blinkten – die Sterne hatten den Ruf gehört.

Ein Stern namens Azurio leuchtete besonders stark und näherte sich. „Sofie? Was ist das Problem?“, fragte er, seine Stimme klang wie ein sanftes Flüstern des Windes.

Sofie erklärte die Situation und bat die Sterne, ihr Licht während der Nacht nur ein wenig zu dimmen, damit die Möwen schlafen konnten. Azurio und die anderen Sterne hörten geduldig zu. Nach einer kleinen Sternkonferenz, in der sie leise glitzerten und sich scheinbar besprachen, nickte Azurio schließlich. „Gut, wir werden unser Licht reduzieren. Aber ab und zu werden wir für ein paar Stunden wieder voll leuchten müssen, um nicht zu erlöschen.“

Mimi nickte ebenfalls, stolz und immer noch autoritär, aber mit einem Anflug von Lächeln. „Dann sind wir uns einig.“

Sofie atmete erleichtert auf und bedankte sich bei beiden Seiten. „Nun müssen wir die Sternenleiter wieder reparieren!“ rief sie fröhlich.

„Ich werde jemanden schicken, der euch dabei hilft,“ sagte Mimi, und im nächsten Moment schwebten einige kleinere Möwen heran und begannen geschickt, mit ihren Schnäbeln die Leiter wieder zusammenzusetzen. Der Hase und Sofie halfen mit, indem sie abgebrochene Stricke und Holzstücke sammelten.

Während der Arbeit bemerkte Sofie, dass Mimi sie beobachtete und zwinkerte ihr zu. Sofie lächelte zurück. Wer hätte gedacht, dass die sternlose Nacht am Ende eine Freundschaft zwischen ihr und der Möwenchefin bringen würde?

Schon bald war alles wiederhergestellt und die Sterne begannen ihre Reise den Berg hinauf. Azurio stahl sich noch kurz zu Sofie, um ihr sanft ins Ohr zu flüstern: „Du hast Größe bewiesen, kleines Sternenmädchen. Du hast eine Lösung gefunden, bei der niemand verlieren musste.“

Sofie sah die glitzernden Sterne im Nebel aufsteigen und fühlte, wie ihre Brust von einer tiefen Zufriedenheit erfüllt wurde. Alles war gut, weil sie den Mut gehabt hatte, für Gleichgewicht zu sorgen. Jetzt kannten sowohl Sterne als auch Möwen die Bedeutung von Freundschaft und Respekt.